In diesem Bereich der Plattform werden die Aufzeichnungen in den Heften des Nachlasses in chronologischer Anordnung präsentiert, sofern sie nicht Teil von Werkgenesen sind.
Walter Fanta
Was sind Musils Hefte?
Den zweiten Hauptbestandteil des Nachlasses neben den Nappen bilden die Hefte, die 40 von RM selbst so bezeichneten Tagebücher – abgekürzt und mit Nummer versehen als „Tb“. Diese Materialien sind auf die Romanarbeit bezogen, indem Musil sie nicht nur bis zuletzt mit sich führt und von Zeit zu Zeit Überlegungen zur Verwirklichung dieser Projekte anstellt – etwa diese Hefte selber herauszugeben -, er vernetzt außerdem Notizblätter und Heftnotizen mit seinem System von Verweissiglen und richtet so eine ganz eigene Ordnung kommunizierender Gefäße ein. Überlegungen, was Musil in Hefte schreibt und was auf Blätter, laufen darauf hinaus, dass die Elaboration der Werke auf Blättern erfolgt, während die Hefte als Speicher dienen. Sie bilden so jedenfalls einen integralen Bestandteil von Musils Schreibanlage. Editorisch sind sie als individuelle Einheiten aufzufassen und als solche aufzubereiten und in chronologischer Abfolge darzustellen, jedes für sich seinem Charakter gemäß. Es findet sich darunter eigentlich kein reines Tagebuchheft, jedes ist gleichzeitig Notizheft für literarische Projekte. Einzelne Hefte sind vom Autor eigens als Projekthefte angelegt worden, so etwa Entwurfs- und Schmierhefte zu einzelnen Essays (z. B. Heft 26) und zu MoE-Vorstufen (z.B. Hefte 16, 22 und 36). Die Hefttitel folgen Musils Aufstellung im Registerheft, außer sie haben vom Autor eigene Titel bekommen, wie „Journal“, „Kehraus“, „Autobiographie“ usw.
Übersicht
Heft 3: Altes schwarzes Heft, 1899 – 1908

Das früheste Heft mit Aufzeichnungen von den Brünner Jahren bis zum Ende der Berliner Studienzeit ist im Original seit 1970 verloren und nur als Typoskript-Abschrift Adolf Frisés mit Annotationen von Kaiser/Wilkins erhalten. Ursprünglich 146 von RM beschriebene und paginierte Seiten, 5 eingelegte, beschriebene Blätter.
Heft 4: Altes schwarzes Heft, 1900 – 1904

125 paginierte und beschriebene Heftseiten, 24 paginierte und beschriebene Seiten auf Einlageblättern. Unter dem Einfluss erster Lektüren konzipiert RM einen essayistischen Ich-Roman mit dem Titel Monsieur le vivisecteur . Daran schließt ein Bruchstück des Paraphrasen-Konvoluts an. Datierte Eintragungen von 1902 dokumentieren u. a. Musils zweite Nietzsche-Lektüre und seine Beschäftigung mit Fragen der Dekadenz und Lebensführung. Die Notizen zu Nietzsche und Emerson konturieren ein essayistisches Projekt mit dem Titel Skizzenbuch eines Sensitiven. Nach einer Zäsur entsteht im Sommer 1904 der Entwurf Vorarbeit zum Roman. Auf den Einlagen finden sich neben Versuchen zur Gliederung des geplanten Romans Monsieur le vivisecteur lyrische und erzählerische Entwürfe (1898-1908), mathematische Aufzeichnungen, Briefentwürfe, Zeitungsausschnitte und Alltagsnotizen.